Kleine Chronik von Lengenfeld unterm Stein

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Nach der Schlacht von Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 wurde das gesamte Eichsfeld französisch und am 18. August 1807 dem Königreich Westfalen angegliedert. Der Schultheiß hieß jetzt "Maire", die Schöppen hießen "Municipalräte". Großbartloff wurde Cantonshauptstadt. Zu diesem Canton gehörten die Dörfer Lengenfeld, Effelder, Faulungen, Hildebrandshausen, Küllstedt und Wachstedt. Unser Canton gehörte zum Distrikt Heiligenstadt, dieser Distrikt wiederum zum Harzdepartement.
Unsere Gemeinde hat nun unheimliche Kriegskontributionen an Geld und Naturalien zu leisten. Aber noch größer waren die Drangsale, als nach der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. bis 19. Oktober 1813 die französischen Heere durch Lengenfeld flüchteten. Daher war die Freude groß, als mit der Verbannung Napoleons auf die Insel St. Helena der Krieg zu Ende war.

Zum Revolutionsjahr 1848 gebe ich hier einen Bericht aus dem Tagebuch des Joseph Hahn auf der Ziegelhütte Lengenfeld wieder:

"- 1848 - Beschreibung von der Verwüstung uns Ausraubung des Klosters Zella.

Der Eigentümer, dem damals das Kloster gehörte, hieß Lutterodt. Dieses Kloster war am 24. und 25. März abends 10 Uhr von den Gemeinden der Strüther überfallen als Rebellen und alles, was sich an Hausgerätschaften, Betten, Kleidungsstücken, Goldes und Silbers, Geschirr, Eiserne Öfen, Eisernes Geländer an den Treppen vor der Haustür, Tür und Fenster und von 60 Malter Korn das Mehl Mehrere Hundert Badalgen (Bouteillen) Wein auch Branntwein und mehrere Fass Apfelwein. Dieses alles "Kurz und Klein" geschlagen und das übrige haben sie mitgenommen, so dass das ganze Kloster aussah und so leer war, als wäre es mit dem Besen gekehrt worden.
Die Gemeinde Effelder hat auch hier vieles verwüstet.

Auch dem Förster auf dem Annaberge vieles verwüstet und fortgejagt und musste in diesem Tumult nach Lengenfeld in sein Haus ziehen. Der damalige Förster hieß Johannes Hahn.

So auch der Förster im Kloster Zella Johann Joseph Dunkelberg, gebürtig aus Lengenfeld. Auch diesem haben sie gar vieles zerschlagen und geraubt. Und er selbst hat müssen die Flucht nehmen und hat am 25. März mit dem, was er noch hatte an Hausmöbeln müssen ausziehen nach Hildebrandshausen.
Und sogar wurden sie in Lengenfeld im Oberdorfe von den Lengenfelder Rebellen noch angehalten."

In den Jahren 1857 bis 1888 wurden die Dorfstraßen und die Landstraßen Kloster Zella - Lutterbücke, Lengenfeld - Faulungen und Lengenfeld - Hildebrandshausen chausseemäßig ausgebaut.

1868 kaufte die Gemeinde das jetzige Bügermeisteramt (1984) von dem Kaufmann Montag für 1800 Taler und richtete dieses Haus als Schule ein. Die gnaze alte Schule, das sogenannte Küsterhaus (1984) wurde im Jahre 1810 erbaut. Nachdem im Jahre 1882 die alte Schule errichtet worden war, wurde im Jahre 1929/30 die neue Schule mit vier Klassenräumen, einem Lehrerzimmer, einer Lehrküche und einer Lehrerwohnung gebaut.

Mit dem Bau der Eisenbahnlinie Leinefelde - Eschwege, deren Trassenführung am 15.01.1875 endgültig festgelegt worden war, wurde am 01.02.1875 begonnen. Bei dieser schwierigen Trassenführung mussten sechs Tunnel in einer Gesamtlänge von 3.560 m gebaut und das Friedatal in Lengenfeld u. Stein durch ein Viadukt in einer Höhe von 28,5 m und einer Länge von 240 m überbrückt werden.

Frieda-Tunnel
1.040 m
Entenberg-Tunnel
288 m
Heiligeberg-Tunnel
198 m
Mühlenberg-Tunnel I
343 m
Mühlenberg Tunnel II
155 m
Küllstedter-Tunnel
1.536 m

Am 8. September 1879 fuhr der erste Eisenbahnzug über die Lengenfelder Eisenbahnbrücke mit voll beladenen Loren, um die äußerste Belastung der Brücke zu testen. Als am 15. Mai 1880 diese Eisenbahnlinie eröffnet wurde, hielt der Zug nur an den vorerst errichteten Bahnhöfen Leinefelde - Silberhausen Trennung - Dingelstädt - Küllstedt - Geismar und Eschwege (Endstation). Erst im Jahre 1886 erhielt Lengenfeld u. Stein eine Haltestelle. Der neue Bahnhof wurde im Jahre 1908 erbaut.

Im Nordwesten unseres Dorfes erhebt sich der Schlossberg, der mit seinen 402 m bis zum Jahre 1933 eine uralte, stolze Linde trug.
Hier stand die Burg zum "Stein", die vor 1150 vom Landgrafen Ludwig von Thüringen erbaut worden ist. Seit 1426 wurde diese Burg "Bischofstein" geannt. Unterhalb der Burg lag der kleine Marktflecken, die "Stadt zum Stein", die bis 1420 noch urkundlich bezeugt worden ist. Im Dreißigjährigen Krieg wurden Burg und Stadt teilweise zerstört.

Aus den Steinen der Burg ist im Jahre 1747 vom Kurfürsten von Mainz das jetzige Schloss Bischofstein unterhalb des Burgberges durch den Baumeister Heinemann aus Dingelstädt errichtet worden, um einen neuen Sitz für den Amtsvogt zu schaffen. Nachdem Schloss Bischofstein im Jahre 1802 von Preußen als staatliche Domäne übernommen war, ging es 1816 in privaten Besitz über. Im Jahre 1908 wurde in Bischofstein von Dr. Gustav Marseille eine Erziehungsschule mit Erreichung des Abiturs eingerichtet, die bis 1945 bestand.
Heute (1984) befindet sich in dem Schloss ein Erholungsheim des FDGB, das am 29. Mai von Vertretern der Landesregierung Thüringen eröffnet worden ist.

Anmerkung der Autoren:

Im Jahr 2002 ist die Weiterentwicklung des Schlosses nicht klar. Angeblich soll in dem derzeit nicht genutzten, von einem Förderverein getragenen Gebäude ein Internat eingerichtet werden.