Neubau unserer Kirche

1. Verhandlungen über den Neubau

Obwohl in den Jahren 1803/04 am Kirchturm und bei der Aufstellung eines neuen aber alten Altares in den Jahren 1818/19 eine Generalreparatur des Kirchenschiffes durchgeführt wurde, finden wir in der jeweiligen "Spezifikatio" der Gemeinderechnungen nach dieser Zeit u.a. die Eintragung:

"Hat die Gemeinde eine Kirche, welche alt und baufällig ist..."

Hinzu kam noch, dass die Kirche bei ihrer Innenausmessung von 8,37m x 17,89 m die Zahl der Kirchgänger von 1364 Personen nicht mehr fasste.

Diese Kirchenbesucher setzten sich wie folgt zusammen:

Schulkinder  
Knaben:
134
Mädchen:
148
Kommunikanten  
männlich:
525
weiblich:
557
 
1.364

Mit dem nachfolgenden Antrag, den die Kirchengemeinde am 10. März 1852 an das Kommissariat in Heiligenstadt richtete, beginnen die Verhandlungen über den Neubau unserer Kirche, die sich dreißig Jahre lang bis zum Jahre 1862 hinzogen.

"Schon seit mehreren Jahren ist ein größeres Gotteshaus für die Gemeinde Lengenfeld ein wahres Bedürfnis gewesen. Die Kirche in ihrer jetzigen Größe ist etwa hinreichend, die Hälfte der Gemeindemitglieder in sich aufzunehmen, und da bei der von Jahr zu Jahr immer mehr zunehmenden Bevölkerung der Mangel eines größeren Gotteshauses immer größer und fühlbarer, die Abhaltung und Beiwohnung des Gottesdienstes selbst aber in der Kirche durch den beengten Raum sehr erschwert wird: so sieht sich der unterzeichnete Kirchenvorstand veranlaßt, Hochwürdiges Commissariat ergebenst zu ersuchen, der hiesiegen Gemeinde behufs Erlangung eines der Größe der Gemeinde, welche gegenwärtig 1.764 zählt, entsprechendem Gotteshauses behülflich zu sein und nachstehende Punkte gütigst zu berücksichtigen:

a) Wie bereits bemerkt, fasst die hiesige Kirche etwa die Hälfte der Gemeinde. Von Pfingsten bis Michaeli, in welcher Zeit etwa 600 Gemeinde-Mitglieder auswandern, gewährt die Kirche den Zurückgebliebenen kaum ein nothdürftiges Plätzchen; trifft es sich aber, daß diese Auswanderer wieder zu Hause sind, so muss entweder der größte Teil auf dem Kirchhof stehen bleiben, oder es entsteht, was besonders im Winter und bei ungünstiger Witterung der Fall ist, in der Kirche ein solches Drängen, daß die zur Andacht gehörige Ordnung und Ruhe gänzlich vermißt wird. Eine Reparatur an der Kirche vorzunehmen, und dadurch eine Erweiterung herbeizuführen, ist nach dem Urtheile mehrerer Sachverständiger ohne den Abbruch der Kirche nicht möglich. Ein Neubau wäre somit eine Nothwendigkeit.

b)

Hinsichtlich der Baustätte für die neu zu errichtende Kirche ist der Kirchenvorstand der Meinung, die alte Baustätte nicht beizubehalten, weil der Kirchenweg besonders für die alten Leute ein gar beschwerlicher und zu Winter Zeiten auch sehr gefahrvoll ist, und weil die neue Kirche dann auf dem Gottesacker zu stehen komme, was das Ausgraben einer Menge Leichen, von denen noch in der neuesten Zeit viele in die unmittelbare Nähe der Kirche sind beerdigt worden, nothwendig mache.
Als passende Plätze würden zu nennen sein:

1. Der Platz auf dem Plane, mitten im Dorfe,
2. die Wiese des Herrn Joh. Dunkelberg
3. Die Backsgasse mit anstoßenden Gärten

Über das Material zu dem Bau dürfte wohl kaum ein Zweifel obwalten, da nur eine massive Kirche den Bedürfnissen einer so großen Gemeinde abhelfen kann.


c)

Was nun endlich die bisherige Observanz bei den Bauten an hiesiger Kirche betrifft, so hat die Kirche wegen großer Armuth der Gemeinde die Jahre her die nothwendigen Reparaturen aus ihrem eigenen Vermögen bestritten. Selbst aber neu zu bauen, dazu besitzt sie die Mittel nicht. Es würde daher auch der Kirchenvorstand alle Hoffnung aufgeben auf einen Neubau, wenn die Kirche aus eigenen Mitteln sich bauen, und die Gemeinde, welche selbst der Unterstützung bedarf, einen Teil der Baukosten tragen sollte.

Da aber die hiesige Gemeinde in der Person Sr. Majestät einen so hohen und hochherzigen Patron hat, der zu den Baukosten den größten Theil beisteuert, und der Kirchenvorstand die Überzeugung hat, daß die Gemeinde trotz ihrer Armut das, was sie an Hand- und Spanndienste thun kann, auchgern thun wird: So vertrauen die Unterzeichneten unter Gottes Beistand auf ein günstiges Resultat ihrer Eingabe und ersuchen das Hochw. Commissariat das Weitere zu veranlassen."

Am 17. Dezember 1854 wurde für den Neubau der Kirche der "Standort nach Abbruch der alten Kirche" gewählt, da in jüngster Zeit zwei Grundstücke, die auf der Ostseite der alten Kirche liegen, auf Rechnung der Kirche gekauft wurden, "die nun hinlänglich Platz für eine Vergrößerung bieten".

Obwohl die Kirchengemeinde nicht in der Lage war, "außer den Hand- und Spanndiensten nicht das Geringste an Geld aufzubringen", verlangte das Kommissariat in Heiligenstadt am 23. Oktober 1852 in Anbetracht, daß der Landesherr als Patron zwei Drittel zu den Baukosten beisteuern muß, den Neubau baldigst einzuleiten.

Aber erst am 14. Dezember 1854 wurde nachstehender "Erläuterungsbericht zu Erbauung einer katholischen Kirche zu Lengenfeld" an das Kommissariat eingereicht:

"Auf dem von der Gemeinde Lengenfeld in dem nordwestlichen theile des Dorfes gelegenen und anzukaufenden Grundstückes, auf dessen südlichem Theile ein Wohnhaus, Hintergebäude pp stehen, sonst sich nördlich als freier Acker ausdehnt, welcher ebenfalls nach West, Nord, und Ost von freien Äckern begrenzt wird, soll eine neue Kirche im gotischen Stil massiv erbaut werden.

Die auf dem südlichen Theile dieses Grundstückes liegenden Gebäude sollen entfernt und dadurch ein freier Platz vor der Kirche erzielt werden. Da sich der Bauplatz von Süden nach Norden, und zwar 90 Fuß breit und etwa 2 Acker lang, ausdehnt, so soll die neue Kirche die Lage von Süden nach Norden erhalten. Gegenwärtig befinden sich zu Lengenfeld 1.765 Personen, die neue Kirche soll demnach eine Ausdehnung von 54 Fuß lichter Tiefe und eine lichte Länge bis zum Chor von 120 1/2 Fuß erhalten, deren Größe eine Anzahlt von 1.200 bis 1.400 Kirchengängern entspricht. Bei der Bearbeitung des Projekts soll zugleich auf die Anlage eines Thurmes an der Südseite Rücksicht genommen und auch ein allgemeiner Kosten Überschlag des ganzen Baues mit angefertigt werden.

Da es sich vorläufig blos um Aufstellung eines Entwurfs zum Plan des ganzen Baues handelt, so sollen auch nur die nöthigsten Zeichnungen angefertigt werden, um vorerst sehen zu können, ob ein solcher Bau zur Ausführung kommen kann.

Es ist demnach vor der Hand blos ein Grundriß, eine Hauptansicht und ein Querdurchschnitt nöthig; und da der Bauplatz überall zu dem beabsichtigten Bau hinreichenden Platz gewährt, so ist der Situationsplan ebenfalls noch nicht mit anzufertigen.

Da nun weiter nichts zu bemerken war, so wurde diese Verhandlung geschlossen.

gez. Adalbert Fütterer"

Kosten - Überschlag
zur

Erbauung einer neuen katholischen Kirche für die Gemeinde Lengenfeld mit Bezug auf den bevorstehenden Erläuterungs-Bericht und die 3 Blatt beigefügte Zeichnungen.

Satz
Benennung
der Gegenstände
Kosten
rthr.
sgr.
1. Das Chor der Kirche würde etwa kosten
2.500
-
2. Die Kirche incl. Thurm bis zum First des Kirchdachs etwa
18.500
-
3. Der Thurm von dem First des Kirchdachs bis zum Kopf etwas
3.000
-
  Betrag für die ganze Kirche etwa
24.000
 

Dieser erste Erläuterungsbericht und ein ähnlicher Entwurf des Zimmermeisters Karl Wenk vom 1. April 1855 wurden nach langwierigen Verhandlungen verworfen.

Infolge gegenteiliger Meinungen, die hart aufeinandertrafen, über
1. Beibehaltung des alten Turms,
2. Bauflucht: "Ost-West" oder "Nord-Süd",
3. Holzdecke oder massives Gewölbe

zögerten sich die Bauverhandlungen bis zum Jahre 1868 weiter hin. So legte der Kreisbaumeister Hartmann aus Worbis zwei Entwürfe zum Neubau der Kirche vor. Danach würden bei einer Bauweise mit Holzdecke die Kirche 17.300 Reichstaler, mit gewölbter Decke 18.300 Reichstaler kosten.

Zum besseren Verständnis führe ich die Erläuterung des Kreisbaumeisters Hartmann vom Juni 1886 hier an:

Erläuterungen zu zwei Entwürfen von dem Neubau der Kirche

zu
Lengenfeld
Kreis Heiligenstadt

Die Kirche von Lengenfeld genügt schon lange nicht mehr zur Aufnahme der Kirchenbesucher.

Das Gebäude besteht aus einem einschiffigen, mit hölzernem Tonnengewölbe gedeckten Raume, dessen Umfassungsmauern aus verschiedenen Zeiten datieren. Chorbau und Thurm scheinen die jüngsten Theile des Bauwerkes zu sein, der mittlere Theil der Schiffmauer a, b, c, d der älteste, welcher Unterschied schon im verschiedenartigen Mauerwerk und Materialien leicht zu erkennen ist. An verschiedenen Konstruktionstheilen bezeugen in Stein eingehauene Jahreszahlen und Wappen die verschiedenen Entstehungszeiten und Zeiten wahrscheinlicher Reparaturen: so an der Nordwestecke des Schiffes die Jahreszahl 1661, über der Thurmthür 1719, an der Südseite 1517, 1706 und 1609 pp. nebst Wappen von Wohlthätern und Donatoren.

Nicht uninteressant sind auf der Chorseite, welche die Anordnung einer Verlängerung des Schiffes zeigt, gekuppelte Spitzbogenfenster in der Nord- und Südmauer, deren Kämpfer durch ein zart profiliertes römisches Gesimse markiert wird. Die Mauern der Kirche sind noch mittelmäßig erhalten, sehr gut aber die des Thurmes; erstere sehr durchfeuchtet.

Die Kirche erhält an Grundraum:
(28 + 26,67)÷2 x 53 + (28 + 10,25)÷2 x 5
=
1.544,4 ø
 
auf der unteren und oberen Empore:
2 x (26,67 x 11,5 + 21,8 + 16 x 7,33)
=
1.183,9 ø
 
im Thurm:
2 x (11,41 x 3,75 + 12,58 x 11)
=
362,3 ø
   
3.090,6 ø

gewährleistet also höchstens 750 Kirchenbesuchern Platz, wenn dieselben eng gedrängt nebeneinander stehen.

Da die Gemeinde 1.700 Einwohner zählt und hiervon die Zahl der gewöhnlichen Kirchgänger etwa
(1.700 x 3/5) = 1.020 bis 1.050
beträgt, so müssen viele derselben, wie es auch in der That geschieht, vor den Kirchenthüren dem Gottesdienst beiwohnen.

Der geringe Werth der Mauern, namentlich des mittleren Theiles derselben und die ganz Lage des Gebäudes läßt keinen Erweiterungsbau zu. Wohl zu empfehlen ist die Beibehaltung des Thurmes.

Die Kirche zeichnet sich durch hohe Lage auf einem Hügel über dem nördlich sich an diesen anlehnenden Dorfe sehr aus. Der schroffe Terrain - Abfall nach Norden empfiehlt sich wegen sehr hoher Sockelmauern keine Erweiterung, resp. Neubau in der Richtung Norden, ferner, daß der Thurm gerade vor dem Westgiebel stehen würde.

Immerhin müßte der Thurm die Nordwestecke der Kirche flankieren.

Wäre der Theil a, b der nördlichen Mauer nicht gerade der schlechteste, so könnte derselbe wohl zur event. Erweiterung genutzt werden.

Nach Osten hin kann die Kirche beliebig disponiert werden - da der Kirche die Grundstücke bis zur Linie e, f, g der Kirche gehören; die am jetzigen Kirchhofe vorbeiführende Gasse ist auch ohne Schwierigkeiten nach der Linie e, f, g zu verlegen.

Behufs Neubaues sind 2 Entwürfe angefertigt, von welchen der eine mit Holzdecke, der andere mit Gewölbe versehen ist, um die Ausdehnung der Kosten bei dem ungefähren Bedarf von etwa 5.000 (1.000 Kirchengänger à 5) kennen zu lernen.

Worbis im Juni 1868
gez. Hartmann
Kreisbaumeister.

Obwohl auf Antrag des Kommissariates zu Heiligenstadt der Bauinspektor Lüngner am 17. März 1869 einen weiteren Plan zum Neubau der Kirche zu Lengenfeld vorlegte, hielt der Kirchenvorstand an dem Entwurf des Kreisbaumeisters Hartmann fest.

Daraufhin empfahl die "Königliche Regierung zu Erfurt, Abt. des Innern" am 13. Oktober 1869 nach einer örtlichen Besichtigung, eine endgültige Entscheidung zu treffen.

Nach einer nochmaligen Besichtigung an Ort und Stelle durch den Baurat der Regierung zu Erfurt mit dem Bauinspektor Lüngner wurden nach Rücksprache mit dem Kirchenvorstand der Bauplan Hartmann mit dem Bauplan Lüngner koordiniert.

Am 2. Juni 1872 wurden endlich die nachstehenden Arbeiten zum Kirchenneubau nach dem von der Regierung genehmigten Kostenanschlag zum Ausgebot gestellt:

Contract.
Allgemeine Bedingungen
unter welchen der Neubau der Kirche zu Lengenfeld verdungen werden soll



§ 1 bis § 12 Allgemeine Bedingungen
§ 13. Der Abbau des alten Baues muß auf eine durchaus behutsame und schonende Weise nach Anordnung des den Bau leitenden Beamten erfolgen. Alle aus dem Abbruch kommenden Materialien sind speciell nachzuweisen, sowie auf die in der Nähe der Baustelle anzuweisenden Plätze in meßbaren Haufen abzusetzen. Die alten noch brauchbaren Materialien werden dem betreffenden Unternehmer zur Wiederverwendung beim Neubau übergeben und ihm nach Anschlagssätzen resp. zum Werthe im Verhältnis der Anschlags- zur Verdingsumme in Anrechnung gebracht. Die übrigen nicht verwendbaren alten Materialien werden öffentlich verkauft, und der hieraus erzielte Erlös verbleibt Eigenthum der Bauverwaltung.
§ 14. bis § 17. Allgemeine Bedingungen
§ 18.

Die bezeichneten Arbeiten wurden nun in folgender Weise nach dem Kostenanschlage vom 30. August 1872 zum Ausgebot gestellt:

Titel
Arbeiten
rthr.
sgr.
Pf.

A. Abbrucharbeiten

Die Abbruchkontrolle einschließlich der Hand- und Spanndienste
175
-
-
B. Neubau
I
Die Erdarbeiten incl. Hand- u. Spanndienste
35
18
-
II
a. Die Mauerarbeiten
b. Materialien hierzu
4.568
5.074
21
10
7
2
III
a. Zimmerarbeiten
b. Materialien hierzu
156
712
17
27
-
9
IV
a. Steinmetzarbeiten
b. einschl. Materialien
3.166
11
2
VI
a. Dachdeckerarbeiten
b. einschl. Materialien
1.096
22
6
IX
Die Schmiede u. Schlosserarbeiten einschl. Materialien
398
11
-
X
Die Klempnerarbeiten
394
25
-
XI
Die Tischlerarbeiten
1.133
4
9
XIII
Die Glaserarbeiten
572
-
-
XIV
Staffier- u. Malerarbeiten
186
17
-
XVII
Eisengußarbeiten
15
-
-
Gesamtsumme
17.686
5
11
Vorstehende Bedingungen sind uns laut und deutlich vorgelesen und werden durch Unterschrift hiermit anerkannt:
Hermann Weiß; Heinrich Busse; Adam Hühr; Wenke; Kühne; Adam Simon; Martin.

Der von dem Bauinspektor Lüngner am 11. Oktober 1872 eingereichte überarbeitete Kostenanschlag zum Neubau unserer Kirche wurde von der Königlichen Regierung, Abteilung des Innern in Erfurt am 22. Januar 1873 geprüft und auf

17.936 Rthr. 28 Sgr. 10 Pf.,

excl. der 2.917 Rthr. 24 Sgr. 1 Pf. betragenden Kosten für Hand- und Spanndienste festgesetzt. Für eine neu zu beschaffende Orgel wurden 1.600 Rthr. mit in den Kostenanschlag aufgenommen.

Die Baukosten für die neue Kirche sollten nun wie folgt aufgebracht werden:

Lfd.
Nr.
Aufteilung
rthr.
sgr.
Pf.
1.
Gesamtbaukosten ohne Hand- und Spanndienste
17.936
28
10
2.
Anteil der Kirchenkasse zu Lengenfeld
5.000
--
--
3.
Verbleiben für den Fiskus und die politische Gemeinde
12.936
28
10
4.
Königliche Fiskus 2/3
8.624
19
3
5.
Politische Gemeinde 1/3
4.312
9
7

Da die politische Gemeinde noch die Hand- und Spannienste in einer Höhe von 2.917 rthr. 24 sgr. 1 Pf. aufbringen mußte, belief sich ihr gesamter Kostenanteil auf 7.230 rthr. 3 sgr. 8 Pf.

In einer am 1. Juli 1873 einberufenen Versammlung wurden nachstehende acht Bevollmächtigt gewählt, die die Kirchengemeinde in allen, den projektierten hiesigen Kirchenbau betreffenden Angelegenheiten vertreten sollten:

1. Schachtmeister Johann Joseph Steinwachs,
2. Ziegelbrenner Nicolaus Hahn,
3. Oekonom Johannes Dunkelberg,
4. Oekonom Ernst Hildebrand,
5. Fabrikant Anton Grundmann,
6. Müller Peter Hahn,
7. Ackermann Michael Lorenz,
8. Schuhmacher Jacob Lorenz

Der Kostenanschlag in Höhe von rund 17.936 rthr. erhöhte sich infolge der Steigerung der Löhne und des Materials auf 22.049 rthr. im Jahre 1874. Daher bittet am 15. Juli 1874 die Kirchengemeinde das Kommissariat in Heiligenstadt, bei der Königlichen Regierung den Antrag zu stellen, daß diese von dem Mehrbetrag von rund 4.113 rthr. 2/3 aus dem Königlichen Patronatsfonds übernehmen soll.

Mit dem nachstehenden Schreiben der Königlichen Regierung, Abteilung des Innern in Erfurt vom 1. September wurde der Beginn des Kirchenbaus wiederum in weite Ferne gerückt.

"Erfurt, den 1ten September 1874

Dem Bischöflich geistlichen Commissariate lassen wir die mittels Schreiben vom 21. vorigen Monats vorgelegten Schriftstücke, welche über den Bau eines neuen Kirchengebäudes sprachen, mit den ergebensten Beifügungen zurückgehen, die ernstliche Bedenken tragen, Vorkehrungen zu treffen, resp. Anträge zu stellen, um die Mittel zu Deckung der durch das ungünstige Licitations Ergebnis den Fiskus, als den Patron der Kirche zu Lengenfeld treffend an Mehrbelastung zu beschaffen, zumal da auch der Gemeindeantheil an den Baukosten zugleich in einer Weise erhöht worden ist, daß dessen Aufbringung der Präsentationsfähigkeit der Gemeinde im hohen Maße gefährden würde.

Unter solchen Umständen würde nur die Erübrigung auf dem Wege nochmaliger Ausbietung des Kirchenbaues zu versuchen, ob ein der Anschlagsumme gleich oder doch nahe kommendes Angebot zu erlangen ist, oder aber den Bua auf einige Zeit zu sistieren. Da indessen die Verhältnisse von Lengenfeld insofern jedenfalls sehr bedeutsame Änderungen entgegengehen, als den bevorstehenden Eisenbahnbau in der Flur und selbst in der Dorflage eine Entwickelung und resp. Abänderung des Bestehenden unmittelbar folgen wird, welche in mehrfacher Beziehung auch auf die kirchlichen Verhältnisse, auf den Kirchenbau und vielleicht sogar auf die Wahl des Kirchenbau Platzes eine Einwirkung üben wird, so empfiehlt sich für den Augenblick, der zweiten Alternative den Vorzug zu geben und den Kirchenbau für jetzt abzusetzen.

Wir stellen ergebenst anheim, den Kirchenvorstand hiervon zu unterrichten und zur geeigneten Zeit den Bau wieder in Anregung zu bringen, indem wir ebenfalls ergebenst die Erwägung unterstellen, ob es sich zur Erleichterung der Aufbringung des Gemeinde Antheiles der Kirchenbaukosten nicht empfiehlt, mit der Ansammlung von Jahres Raten zu solchen vorzugehen.

Königliche Regierung, Abtheilung des Innern
gez.: von Tettau"

Erst mit dem Schreiben des Kirchenvorstandes vom 18. Februar 1880 an die Königliche Regierung zu Erfurt kam wieder Bewegung in die Vorbereitungen zum Kirchenneubau:

"Einer Hochlöblichen Königlichen Regierung wagt der unterzeichnete Kirchenvorstand gehorsamts Folgendes vorzutragen:

Im Jahre achtzehnhundertvierundsiebzig waren die Vorarbeiten für den Neubau hiesieger Pfarrkirche soweit gediehen, daß ein Lizitations-Termin abgehalten werden konnte. D derselbe das ungünstige Resultat lieferte, daß der Kostenanschlag um 4.113 Thaler überschritten wurde, so stellte die Hochlöbliche Regierung dem Kirchenvorstand anheim, auf dem Wege nochmaliger Ausbietung des Kirchenbaues zu versuchen, ob in der Anschlagsumme gleich oder doch nahe kommendes Angebot zu erlangen sein, oder aber den Bau zu sistieren, bis nach Vollendung des damals beginnenden Baus der die hiesige Flur und das Dorf durchschneidende Strecke Berlin - Wetzlar Eisenbahn sich für den Kirchenbau günstigere Verhältnisse einstellen würden. Ein nochmaliger Lizitations-Termiin würde zu jener Zeit voraussichtlich kein günstigeres Resultat ergeben haben, weshalb der Kirchenvorstand beschloß, der zweiten Alternative den Vorzug zu geben und den Bau einstweilen ruhen zu lassen.

Der Kirchenvorstand ist nun der Ansicht, daß gegenwärtig der günstigste Zeitpunkt für die Wiederaufnahme des Baues gekommen sei, und zwar aus folgenden Gründen:
In diesem Frühjar geht der Bau obengenannter Eisenbahn seiner Vollendun entgegen, so daß in dieser Beziehung für den Kirchenbau kein Hindernis mehr vorliegt. Vielmehr sind die Verhältnisse für den Kirchenbau insofern günstiger geworden, als viele Bauunternehmer und Arbeiter durch den Bahnbau in hiesige Gegend gezogen worden sind, welche nach Vollendung des Bahnbaus keine Beschäftigung mehr finden.

Ferner sind in der Flur des 1/2 Stunde entfernt liegenden Dorfes Hildebrandshausen Steinbrüche aufgefunden worden, welche geeignetes Baumaterial zu billigen Preisen liefern dürfte, als die Struther Steinbrüche. Endlich ist das Bedürfnis zum Kirchenbau noch dringender geworden, als es vor 6 Jahren war, weil nach dem Tode des hiesigen Pfarrers die Frühmesse wegfällt und nur ein einmaliger Morgen-Gottesdienst stattfinden kann, in welchem das Gedränge so groß ist, daß die Ordnung kaum noch aufrecht erhalten werden kann.

Auf diese Gründe gestützt wagt der unterzeichnete Kirchenvorstand an Hochlöbliche Königliche Regierung die gehorsamste Bitte zu stellen, gütigst zu gestatten, daß der Neubau hiesiger Pfarrkirche wieder in Angriff genommen und sobald als möglich ein neuer Lizitations-Termin veranstaltet werde

Ehrfurchtsvoll verehret Euer Hochl. Königl. Regierung gehorsamster Kirchenvorstand:"

Doch die Königliche Regierung in Erfurt lehnte diesen Antrag um Wiederaufnahme des Kirchenbaus am 30. März 1880 mit der Begründung ab, daß die Inangriffnahme des Neubaus der Kirche und der Bau des neuen geplanten Schulgebäudes die finanziellen Kräfte er Gemeinde übersteigt.

Da sich der Kirchenvorstand mit dieser Absage nicht zufrieden gab, stellte er am 19. April 1880 nochmals die dringende Bitte, den Beginn des Kirchenneubaus zu genehmigen.

Da dieses Schreiben die Notwendigkeit des Kirchenneubaus so recht schildert, wird es an dieser Stelle angeführt:

"Lengenfeld, den 19ten April 1880

Einer Hochlöblichen Königl. Regierung wagt der unterzeichnete Kirchenvorstand als Erwiderung auf die Eröffnung vom 30 Maerz nochmals Folgendes zur gütigen Erwägung gehorsamst vorzutragen.

1. Der Neubau hiesiger Kirche ist schon seit mehr als 20 Jahren als dringend nothwenig erkannt, weil der Raum für die Anzahl der Kirchengänger durchaus unzureichend ist. Das Gedränge an Sonn- und Festtagen, besonders in der Weihnachts- und Osterzeit, ist sowohl in dem Gange des Schiffes als auf den beiden Emporen ein so gewaltiges, daß ein Niederknien oft unmöglich ist und Ohnmachtsanfälle nicht selten vorkommen.

2. Ferner ist die Kirche im Innern vielfach reparaturbedürftig. Am Feste Mariae Verkündigung fielen während des Gottesdienstes mehrere Bretter herab, was einen solchen Schrecken verursachte, daß die ganze Menge der Kirchenbesucher auf die beiden Thüren drängte, welche aber so geringen Raum zum Ausgange bieten, daß viele nicht ohne Verletzungen davonkamen. Auch ist gegründete Sorge vorhanden, daß die beiden Emporen die Last der sie anfüllenden Männer auf die Dauer nicht zu tragen vermögen und eines Tages herabstürzen werden, was ein unbesehbares Unglück verursacehn würde.

3. Endlich ist der Neubau ganz besonders im Interesse der die Kirche besuchenden Schuljugend wünschenswerth und nothwendig. Die ca. 200 Kinder, welche an Sonn- und Festtagen die Kirche besuchen, müssen, theils im Chor um den Altar herum, theils im Schiff vor der Communionbank so zusammengedrängt knien, daß an eine andächtige Beiwohnung des Gottesdienstes nicht zu denken ist und nur eine sehr scharfe Beaufsichtigung sie von Unordnung und Störung abhalten kann. Wie sollen unter solchen Umständen die Kinder zu Andacht und Frömmigkeit angeleitet werden?

Aus diesen Gründen sind wir - und ist die ganz Gemeinde von der dringenden Nothwendigkeit des Kirchenbaus überzeugt und will die Gemeinde die für sie allerdings schweren Opfer, welche der Bau erfordert, gern bringen, weil es nicht anders geht. Dagegen sieht niemand in der Gemeinde es ein, daß der Bau einer Schule nothwendig ist, da wir drei Schulsäle besitzen, die vollständig ausreichen, wenn die Kinder richtig verteilt werden. Außerdem sind die Vorlagen zum Kirchenbau schon seit Jahren vollständig fertiggestellt, während für den Schulbau noch nichts angefertigt ist. Und wenn letzteres auch der Fall sein sollte, so müßte der Kirchenbau aus den angeführten Gründen doch dem Schulbau vorgehen.

Wir wagen daher nochmals an die Hochl. Königl. Regierung die gehorsamste Bitte zu stellen, genehmigen zu wollen, daß mit dem Kirchenbau vorgegangen werden darf.

Im Falle eines ablehnenden Beschlusses der Hochl. Königl. Regierung bitten wir, die übersandten Zeichnungen und den Kostenanschlag uns zurücksenden zu wollen, damit wir dieselben dem Hohen Ministerium zur Entscheidung der Angelegenheit vorlegen können."

Auch dieses Mal lehnte die Regierung in Erfurt am 23. Mai 1880 den Kirchenbau ab, da wegen der Einrichtung einer vierten Lehrerstelle an der Lengenfelder Schule ein Schulneubau mit zwei Klassenräumen notwendiger sei.

Daraufhin richtete die "Bischöfliche Vermögensverwaltung der Diözese Paderborn" am 23. Februar 1881 unter Schilderung der Vermögenssituation unserer Kirche ein Bittschreiben an die Königliche Regierung in Erfurt, den Kirchenneubau zu genehmigen. Auf Grund dieses Schreibens sah sich der Regierungspräsident zu Erfurt veranlasst, die gegebene Situation des geplanten Kirchenbaus an Ort und Stelle persönlich in Augenschein zu nehmen. Bei dieser Besichtigung stellte er die dringende Notwendigkeit eines Neubaus nach Abbruch der alten Kirche fest. In einer Sitzung mit dem Kirchenvorstand der Gemeinde gab er seine Zustimmung zum Kirchenneubau mit der Bedingung, daß auch ein Schulneubau mit zwei Klassenräumen errichtet wird. Obwohl die Gemeinde damit eine größere finanzielle Last auf sich nehmen musste, stimmte sie diesem Vorschlag zu.

Um nun die Mehrausgabe der Gemeinde klarzustellen, wird der Schulneubau auf dem ehemaligen Montag'schen Gehöft bei der Gemeindeschänke an dieser Stelle erläutert:

Am 15. Juni fertigte Regierungs-Bauinspektor Tophof die Zeichnung zu diesem Schulneubau an. Die Ausführung des Schulneubaus übernahmen der Steinhauermeister Joachim Friedrich und der Zimmermeister Johann Weinrich zu Heiligenstadt im Jahre 1882. Die beiden Baufachleute übernahmen auch im gleichen Jahre die Durchführung des Neubaus unserer Kirche. Die Bauarbeiten zu neuen Schule überwachte der Bautechniker Rosenhagen.

Als am 6. März 1883 der Schulbau vollendet war, beliefen sich die Gesamtbaukosten auf einen Betrag von 5.221,47 Mark. Da die Regierung ein Gnadengeschenk von 1.500,00 Mark bewilligte, musste die Gemeinde 3.721,47 Mark selbst aufbringen.

Mit dem am 11. und 26. August 1881 wurde der Neubau unserer Kirche, dessen Gesamtbaukosten nach dem von der Königlichen Regierung in Erfurt geprüften Kostenanschlag vom 30. August 1872 auf 22.300 Reichstaler einschließlich der Hand- und Spanndienste berechnet worden sind, endgültig dem Steinhauermeister Joachim Friedrich und dem Zimmermerister Johann Weinrich in Heiligenstadt für die Summe von 64.769,66 Mark zur Ausführung übertragen.