Prozessionen und Wallfahrten
Die Bonifatius-Wallfahrt
Diese
Wallfahrt, die in der Regel am Sonntag nach dem 5. Juni (Bonifatiustag) durchgeführt
wurde, aber oft auf den Dreifaltigkeits-Sonntag fiel, war für uns Lengenfelder
die bedeutendste Hülfensbergwallfahrt.
Nach Ankunft der Prozession, deren Weg nur über Geismar, den Stationsweg hinauf zum Hülfensberg führte, wurde für die Gemeind Lengenfeld u. Stein ein besonderes Hochamt gehalten.
Dann folgten um 9.30 Uhr das Wallfahrtshochamt an der Grotte, Predigt, theophorische Prozession, Tedeum und Segen.
Es
hat in Lengenfelde von jeher keinen Einwohner gegeben, der nicht wenigstens
einmal im Jahr den Hülfensberg besucht hat. Diese Liebe zu diesem Berg
der Hilfe - früher hieß er sogar St. Gehülfen - wurzelt auf
der großen und langen Tradition, dass der Hl. Bonifatius auf diesem
Berg einer ehemaligen heidnischen Opferstätte die Donareiche gefällt
und das erste Gotteshaus erbaut haben soll. Diese Streitfrage, ob das von
Willibald genannte Dorf Gaesemere unser Geismar oder das Dorf Geismar bei
Fritzlar der Ort ist, wo die gefällte Donareiche gestanden haben soll,
ist wohl nicht endgültig zu klären. Wichtig für uns ist, dass
wir diese Tradition pflegen und diesen Wallfahrtsort besitzen, zu dem schon
unsere Vorfahren vor über vierhundert Jahren wie wir heute ihre Sorgen
und Nöte den Berg hinauf vor das Hülfenskreuz trugen.
So
berichten uns schon die Kirchenrechnungen von 1582 an:
"8 Schneeberger von dem Kreuz zu loßen uff St. Gehülfen tagen."
Diese Ausgabe finden wir bis auf wenige Ausnahmen in jeder Jahresrechnung unserer Kirche.
Zu
jeder Bonifatiuswallfahrt stiftete die politische Gemeinde eine große
Kerze, die stets der Gemeindediener bei dieser Wallfahrt zum Hülfensberg
trug. Der Gemeindediener Josef Müller - geb. am 10. März
1921 in Lengenfeld u. Stein, gestorben am 23. November 1976 in Lengenfeld
u. Stein - war der Letzte, der im Jahr 1961 eine von den Gemeindemitgliedern
gestiftete Kerze bei der Bonifatiuswallfahrt zum Hülfensberg trug und
vor dem Hülfenskreuz aufstellte.
Die Wallfahrten zum Hülfensberg werden laufend durch folgende Eintragungen in den Jahresrechnungen der politischen Gemeinde belegt:
"Dem
Herrn Pfarrer von der Prozession in festo S. Boni.: tag auf S. Hülfensberg
gezahlt 8 Schneeberger."
"Dem Schuldiener item 4 Schneeberger."
"Vor Wachs zu einer Kerzen auf den heiligen Hülfensberg gezahlt
1 Reichsthaler."
Aufgrund der neuen Grenzordnung vom Jahre 1961 wurde der Hülfensberg in das 500 m-Grenzgebiet eingeordnet. Demzufolge werden seit dem 24. Juni 1962 nur Wallfahrten zum Hülfensberg nach Ausstellung eines Sammelpassierscheins durch das Volkspolizeiamt des Kreises Mühlhausen für alle Teilnehmer durchgeführt.
Wenn wir auch heute nicht mehr in der Kreuzwoche, an den Hülfenstagen, am Bonifatius- und Johannestage die Tausenden von Wallfahrer wie früher antreffen, so sind wir doch glücklich, dass wir Lengenfelder an drei Tagen im Jahr noch zm "Berg des Heils" pilgern dürfen, um unsere Sorgen, Nöte und Bedrängnisse vor das wundertätige Hülfenskreuz zu tragen.
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Seit der Wiedervereinigung 1990 werden die Prozessionen zum Hülfensberg wie eh und je abgehalten. |