Prozessionen und Wallfahrten

Die Wallfahrt nach Vierzehnheiligen

Die Verehrung der 14 Nothelfer, denen man das Privilegium der Hilfe für das Anliegen ihrer Verehrer zusagt, ist wahrscheinlich in den deutschen Landen schon zur Zeit der großen Pest-Seuchen im 13. Jahrhunder entstanden.

Aufgrund von vier Erscheinungen bei dem Ort Frankenthal, die ein Hirtenjunge erfahren hatte, wurde 1448 an diesem Gnadenort eine Kapelle zu Ehren der Jungfrau Maira und der vierzehn Nothelfer errichtet. Seit dieser Zeit wurden nun immer wieder Wallfahrten zu diesem Gnadenort durchgeführt, die immer größere Ausmaße annahmen.

Wann die Wallfahrten vom Eichsfeld und damit auch von Lengenfeld u. Stein aus nach Vierzehnheiligen begonnen haben, ist nicht genau festzustellen. Man nimmt an, dass in dem großen Sterbejahr von 1771 bis 1772, in dem allein in Lengenfeld u. Stein von 819 Einwohnern 158 Personen an Hunger gestorben sind, die Wallfahrt nach Vierzehnheiligen gelobt worden ist.

Laut Kommissariats-Archiv in Heiligenstadt berichtet ein Schreiben des derzeitigen Lehrers Schuchardt zu Diedorf vom 7. Mai 1797, "dass seit eineinhalb Jahren eine Wallfahrt nach Vierzehnheiligen unternommen werde...".

Da die Teilnehmer an dieser Wallfahrt aus dem Obereichsfeld sich ausschließlich in Diedorf, das auch den Prozessionsführer stellte, versammelte, können wir auch für Lengenfeld u. Stein das Jahr 1795 als Beginn dieser Wallfahrt annehmen.

Diese Wallfahrt, die in der Regel am Freitag vor der Bittwoche begann, führte zu Fuß über Nazza, Eisenach, Wilhelmsthal, Wasungen, Meiningen, Bibra, Irmelshausen, Hellingen, Dietersdorf, Seßlach und Altenbanz nach Grundfeld in der Nähe von Vierzehnheiligen. Hier traf die Prozession am Dienstag in der Kreuzwoche ein. Am dritten Bitttag und auf Christi Himmelfahrt nahmen alle Wallfahrer an den Festämtern teil, empfingen die heiligen Sakramente und trugen im Gebet ihre persönlichen Anliegen und die Bitten der Daheimgebliebenen den 14 Nothelfern vor. Am Freitag wurde der Rückweg angetreten.

Die letzte Wallfahrt von Diedorf aus, bei der die Rückreise schon teilweise mit der Eisenbahn angetreten wurde und an der auch mehrere Lengenfelder Einwohner teilnahmen, fand im Jahre 1908 statt. Der Eisenbahnbau hatte es ermöglicht, dass nun die Wallfahrten nach Vierzehnheiligen mit der Bahn durchgeführt werden konnten.

So wurden besonders nach dem ersten Weltkrieg von der Station Leinefelde mit einem Umsteigeaufenthalt an der Station Silberhauen-Trennung für die Wallfahrer aus dem Südeichsfeld Sonderzüge zu den Wallfahrten nach Vierzehnheiligen eingesetzt.

Als am 18. Mai 1919 das gemeinsame Nothelferfest zum 30. mal seit seiner Einsetzung durch Papst Leo XIII. im Jahre 1890 gefeiert wurde, waren auch mehrere Einwohner unserer Gemeinde mit der Bahn zu diesem Fest gefahren.

Der letzte Sonderzug von der Station Silberhausen-Trennung aus, auch für viele Pilger von Lengenfeld, fuhr am 24. Juni 1932 nach Vierzehnheiligen.